Unfall zweier Welten

Was wäre nur aus SpiegelSplitter geworden, hätte nicht der Wind, das Schicksal oder der Teufel selbst den einen, Peter Deininger nach Perth , ins westlichste Australien, und den anderen, Dirk Schlömer nach Nordfriesland, zu Ton Steine Scherben geweht?

Das Duo hatte sein Projekt gleich im Info zur ersten und einzigen Single ( 1981) als den “Unfall zweier Welten” bezeichnet. Nun, kaum eineinhalb Jahre später, wurde dies zur sich-selbst-erfüllenden Prophezeiung.

Und so erblickte ein hochambitioniertes Konzept – Album nie das Licht der Öffentlichkeit. SpiegelSplitter war zunächst unzweifelhaft ein Kind der NDW. Aber nur zu Beginn. Denn von Anfang an verband die beiden Protagonisten eine Liebe zum Chanson, zum Ufa Schlager, aber auch zu den Gedichten eines Friedrich Nietzsche, gesprochen von Klaus Kinski. Und - auf der anderen Seite - die Faszination Weltraum in Form von Tangerine Dream und Kraftwerk, aber auch “Raumschiff Orion”.

Nach und nach gelang es dem Duo, alle diese freigeistigen Elemente in einen gesplitterten Topf zu bringen und mit der Elektronik und den Studiomöglichkeiten der frühen 80er Jahre umzusetzten.

Dabei spielte Schlömer, gerade 21 geworden, sämtliche Instrumente, von der TR808 Drum-machine bis zum Steinway, während Deininger seine Erfahrungen als Travestie- Darsteller (Folies Parisiennes, La Vie en Rose), zeitweiliger Kunststudent und Werbegraphiker zu immer neuen bizarren Looks und Textideen brachten.Eine ideale Arbeits teilung.

Schnell, sehr schnell hatte Spiegelsplitter einen Plattenvertrag beim von Hansa eiligst in die NDW - Hysterie eingebrachten RocktopusLabel, was den einen Vorteil mit sich brachte, dass die Single “Spiegelsplitterspitz” mit modernstem Equipment in den HansaStudios ( yes, by the wall) aufgenommen wurde. Von dem Ergebniss allerdings waren die braven Hansa- Leute überfordert - da man aber nicht einschätzen konnte, wie die Neue Welle tickte , ist diese skurrile Singularität immerhin erschienen!

Danach allerdings hielt nur noch Produzent Horst Müller ( Tempo, Joy Rider, Anthony More) treu zur Sache und brachte in das Vakuum hinein den Vorschlag, im Privat- Studio seines Vaters ( Werner Müller, Gründer des Rias- Tanzorchesters , später WDR- BigBand) weiterzuproduzieren ein. So sind also die Backings solcher Titel wie Eskimo, HalbePortion/GanzePortion oder Dämonenküsse in einem 16- Spur- Studio in einer Villa bei Bonn entstanden. Monate später wurden diese Bänder im Paragon- Studio in Berlin-Steglitz, dessen ehemaliger Mit-Inhaber Müller war, auf die 24- Spur Maschine überspielt, um hier fertiggestellt zu werden. Andere, neuere Tracks wurden von Schlömer und Deininger parallel im Proberaum der Einstürzenden Neubauten am Paul- Lincke- Ufer sehr roh und schnell eingespielt. Dazu kamen einige Fragmente aus einem früheren Projekt, dessen Bänder wiederum aus dem Atatack- Studio in D‘dorf stammten und vom Pyrolator aufgenommen waren.

Dieses Puzzle fügte dann, im Oktober 1982 Will Roper (Cluster, Conrad Schnitzler, Foyer des Art) im Paragon- Studio zu einem großen Ganzen zusammen....um es hernach dem Archiv des mittlerweile in Recordland umbenannten Paragon- studios zu überlassen, wo es einen fast 40jährigen Dornröschen- Schlaf antrat. Hier sei noch gesagt, daß Schlömer & Deininger sich entschlossen haben, hier nicht die fertiggemischte Reihenfolge des ursprünglichen Konzeptalbums beizubehalten, sondern die Tracks einzeln zu mastern und in einer neuen Reihenfolge zu präsentieren! Die geduldige Arbeit des Restaurierens hat- einmal mehr- Master Eroc übernommen.

Hier liegt nun ein verloren geglaubter Schatz, ein Zeitdokument der kalten-Wave-Zeit, aus Köln und Berlin vor, in einer unerhofften Klangqualität wiederaufgewacht, frischer denn je.

Hier kannst du Reinhören, Empfehlen, Kaufen.

Herby Sundaland

Entspannte Musik für fröhliche Menschen

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Hand ins Feuer